Haushaltsrede 2011 der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Saerbecker Gemeinderat

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Haushaltsrede richtet sich im Wesentlichen an die Kolleginnen und Kollegen der CDU.

Die Positionen der UWG waren schon in der Debatte zum letzten Haushalt klar und zielen auf eine kalkulierte Haushaltssicherung. Bei der CDU haben wir Hoffnung auf ein Überdenken und Einlenken. Wir wissen, dass die drastische Verminderung der Schlüsselzuweisungen durch das Land die finanzielle Situation der Gemeinde dramatisch verschlechtert hat. Auch wenn unsere Fraktion sich nicht an der Resolution auf der Basis des CDU-Antrages beteiligt hat, haben wir gemeinsam mit der SPD unsere Kritik in einem Schreiben an die Landesregierung, die Fachminister und unsere Landtagsfraktionen deutlich gemacht und Änderungen des GFG eingefordert. Bekanntlich blieb auch dieser Versuch – der keine freundliche Postkarte war – erfolglos.

Trotz der berechtigten Kritik am Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 muss aber daran erinnert werden, dass viele Ursachen unserer schwierigen Finanzsituation in anderen äußeren Rahmenbedingungen liegen wie z.B:

  • die Unternehmenssteuerreform die zu einer Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen um ein Drittel führte

  • die Wirtschafts- und Finanzkrise infolge der verantwortungslosen Liberalisierung der Finanzmärkte

  • die Einführung des Neuen kommunalen Finanzsystems, das mit den wirtschaftlichen Bedingungen von Kommunen offensichtlich nicht funktioniert.

  • die Überlastung der Gemeinden mit Aufgaben, die finanziell nicht ausgeglichen werden

  • die hohe Kreisumlage und die Finanzpolitik des Kreises mit der Sicherung einer komfortablen Rücklage

Die CDU macht es sich daher zu einfach, wenn sie die Notwendigkeiten von Steuererhöhungen und Leistungskürzungen nur auf die Landespolitik bezieht und die Maßnahmen mit dem Argument ablehnt, dass Saerbecker Bürger und Betriebe nicht für die Sanierung der Haushalte von Städten im Ruhrgebiet gerade stehen müssten.

Unsere jetzige Haushaltssitution hat auf den verschiedenen politischen Ebenen Verursacher in allen Parteien. Auch die CDU ist hier verantwortlich !!

Die Saerbecker CDU sollte ihre Haushaltsentscheidung also nicht als strategisches Instrument gegen die Landesregierung einsetzen , sondern klar und nüchtern analysieren, was der Gemeinde, den Bürgern und Betrieben in Saerbeck wirklich nutzt. Unter heutigem Gesichtspunkten müssen wir natürlich auch kritisch auf unser Ausgabeverhalten in der Vergangenheit schauen.

Die wichtigen Investitionen in Bildung, Sport und Infrastruktur der vergangenen Jahre , – die Saerbeck einerseits eine hohe Lebensqualität und Familienfreundlichkeit bescherten, andererseits jetzt wieder die Haushalte über NKF als Abschreibungen belasten,- wurden von der Saerbecker CDU getragen, unterstützt und teilweise auch angeregt. Auch hier ist die Saerbecker CDU mitverantwortlich .

In diesem Zusammenhang ist nebenbei anzumerken, dass gerade hier die Grenzen der Übertragbarkeit von NKF auf das „Unternehmen“ Kommune deutlich werden. Unsere hohen Investitionen in Bildung wirken sich leider nur indirekt auf die Einnahmen der Gemeinde aus. In einem normalen Wirtschaftsunternehmen führen Investitionen aber zu Gewinnen. Lebensqualität ist aber leider kein bilanzierfähiger Betrag. Das Unternehmen Saerbeck hat somit – wie andere Kommunen auch – andere wirtschaftliche Bedingungen – muss aber mit NKF nach dem gleichen System bilanzieren. Der Systemfehler scheint inzwischen auch politisch angekommen zu sein. Dagegen werden die Investitionen in den Saerbecker Bioenergiepark mittelfristig – entgegen den Skeptikern – durch positive Ergebnisse direkt die Gemeinde entlasten.

Hier ist die CDU auf einer anderen Ebene gefordert. Viel bedrohlicher als die Gewerbesteuererhöhung erscheinen zur Zeit die Pläne zur Förderung von Offshore-Windanlagen. Umweltminister Roetgen scheint die Atomindustrie nun mit Wind-Milliarden zu entschädigen. Es wäre wirklich gut bald mit dem Minister hier vor Ort zu reden ( Ankündigung Frau Raffel)

Für die richtungsweisende Entwicklung des Bioenergieparks trägt die CDU Mitverantwortung und sollte das Projekt jetzt nicht in dieser konkreten, wichtigen Umsetzungsphase durch die Folgen einer Haushaltssicherung beeinträchtigen oder gar gefährden. Hier braucht die Verwaltung jetzt Handlungsspielraum und Autonomie. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass sich die CDU auch ihren Wählern gegenüber verantwortlich fühlt. Die Maßnahmen zur Vermeidung der Haushaltssicherung treffen den Kern christdemokratischer Politik. Aber was erreicht die CDU wenn sie durch die Ablehnung der Verwaltungs-vorschläge eine Haushaltssicherung wahrscheinlich macht oder herbeiführt ??

Leider sind ja auch die CDU-Vorschläge nicht umsetzbar und ausreichend.

Fest steht:

In der Haushaltssicherung ist die Anhebung der Steuerhebesätze auf die durchschnittlichen Hebesätze des Landes eine Mindestanforderung. Das Ziel eines Haushaltssicherungskonzeptes muss ein strukturell ausgeglichener Haushalt sein. Damit liegt das Ziel deutlich über der augenblicklich zu erreichenden Schwelle. Es ist kaum denkbar, dass im Rahmen der dann notwendigen mittelfristigen Haushaltssanierung auf weitergehende Steuererhöhungen verzichtet werden könnte.Haushaltssicherung wird sich aber auch auf alle Leistungen für die Bürger auswirken – und zwar nicht nur auf die freiwilligen. Im HSK wird ausdrücklich die Senkung von Leistungen und Standards sowie massive Gebührenerhöhungen auch bei den Pflichtleistungen gefordert.

Bei einem Haushaltssicherungskonzept werden die Giftlisten und Steuersätze dann nicht durch den Kämmerer vorgegeben, sondern durch die Kommunalaufsicht. Haushaltssicherung hat damit im Übrigen nicht nur eine wirtschaftliche Dimension sondern bedeutet auch einen Verlust an Demokratie. Der Rat verliert seine gestaltenden Möglichkeiten , Bürgermeister und Verwaltung werden zu Angestellten des Kreises. Natürlich gehen im HSK nicht die Lichter aus, wie die UWG richtig hervorhebt – sonst wäre es in großen Teilen von NRW dunkel. Das Leben wird auch dann weitergehen.

Letztlich ist die heutige Entscheidung eine Entscheidung zwischen Pest oder Cholera – aber ohne Haushaltssicherung haben wir Therapie und Heilung selber in der Hand. Schmerzlich wird der Weg zu stabileren Finanzen in jedem Fall – bis hoffentlich bald die Einnahmen aus dem Bioenergiepark entlasten.

Wir Grüne sind der Meinung, dass wir den Saerbecker Bürgern und Betrieben Einschränkungen und Belastungen jetzt zumuten müssen um noch größere Belastungen unter einem Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden. Wir gehen davon aus, dass diese Belastungen zeitlich begrenzt sind und bei einer Verbesserung der Haushaltslage schnellstmöglich zurückgefahren werden. Diese Hoffnung ist in der augenblicklichen konjunkturellen Entwicklung realistisch. Die positive Wirtschaftsentwicklung und die optimistischen Prognosen unterstützen einerseits die Hoffnung auf steigende Steuereinnahmen – anderseits aber auch das Vertrauen ,dass die Saerbecker Unternehmen höhere Belastungen verkraften können. Die Hebesätze sind vom tatsächlichen Bedarf her berechnet und orientieren sich an einem minimalen Finanzpuffer. Sie bewegen sich im Rahmen der Nachbarkommunen , die ja auch alle ihre Hebesätze anpassen müssen.

Sparpotentiale wurden von der Verwaltung ausgeschöpft . Wir vertrauen darauf, dass der Kämmerer hier bereits die Grenzen des Machbaren ausgelotet hat. Und dies wird auch in Zukunft so sein – Disziplinierungszwänge durch ein Haushaltssicherungskonzept – wie die UWG fordert- sind nicht erforderlich. Die neuen Sparansätze ( z.B. Kirchplatz, Ab in die Mitte ) haben wir bereits bei den Ratsentscheidungen gefordert. Selbstkritisch sollten wir unsere Entscheidungen zum Energielehrpfad überdenken und evtl. zurückstellen oder auch als Ausgleich für Teile des Elternpasses nutzen, wenn das der CDU bei ihrem „Ja“ zum Haushalt hilft.

Mit unserem eigene Verzicht auf Frakrtionszuwendungen möchten wir Grünen einen eigenen symbolischen Beitrag zu dem konsequenten Konsolidierungskurs leisten. Es sei hier auch darauf Hingewiesen, dass gerade diese Zuwendungen für die Fraktionen unter einem Haushaltssicherungskonzept sehr schnell gestrichen würden. Das HSK würde gerade im Bereich der Geschäftskosten deutliche Reduzierungen fordern.

Wir haben Vertrauen in die Aussagen des Kämmerers und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, die regelmäßig auch extern durch die Wirtschaftsprüfer und die Gemeindeprüfungsanstalt mit besten Ergebnissen für die Verwaltungsarbeit bestätigt wurden.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stimmt daher dem vorliegenden Haushaltsentwurf zu. Wir sehen im Erhalt der Selbständigkeit den besseren Weg für Saerbeck als durch die Zwänge eine Haushaltssicherung.

Wir danken dem Kämmerer und der ganzen Verwaltung für diesen bisherigen Kraftakt.

 

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