Klima- und Artenschutz bleiben auch in der Corona-Krise die vordringlichen Zukunftsaufgaben. Die Folgen des Klimawandels spüren wir gerade wieder mit extremer Waldbrandgefahr und Hitzerekorden. Der dramatische Verlust der lebenswichtigen Vielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt ist für uns nicht so offensichtlich.
Aber die Fakten sind alarmierend! So sind 45 % der Tier und Pflanzenarten in NRW bedroht. Die wissenschaftliche „Krefelder Studie“ weist in einer Langzeitstudie den Verlust von durchschnittlich 75 % der Fluginsekten nach. Eine der Ursachen dieser Entwicklung liegt in der industriellen Landwirtschaft mit hohem Pestizid-Einsatz, Monokultur und intensiver Bewirtschaftung. Als Grüne in einer Gemeinde, in der 70 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt wird, müssen wir uns mit der Rolle der Landwirtschaft für Klima- und Artenschutz auseinandersetzen und mit der Landwirtschaft den Dialog suchen.
Gelegenheit dazu bietet die Wanderaustellung „Irrweg Pestizide“ der Toxikologin Dr. Anita Schwaier und der Künstlerin Sybilla Keitel. Auf 13 Tafeln beschreibt die Ausstellung die Folgen von Pestiziden im Boden, bei Tieren, Pflanzen und beim Menschen. Behandelt werden Themen wie Artenverlust, Erkrankungen, Resistenzentwicklung, Agro-Gentechnik, Glyphosat und „Wer daran verdient“. Ferner werden die Zusammenhänge aufgezeigt, die einen Wandel so schwer machen. Ein wichtiger Aspekt der Ausstellung ist die Darstellung der Alternativen, die in zehn Strategien des ökologischen Landbaus beschrieben sind.
Zur Eröffnung der Ausstellung begrüßte das Sprecher-Team des grünen Ortsvereins Maya Stubbe und Tobias Spahn den Sprecher für Landwirtschaft, Natur-, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz der grünen Landtagsfraktion, Norwich Rüße, sowie die Landratskandidatin Birgit Neyer und den parteilosen Bürgermeisterkandidaten Dr. Tobias Lehberg.
In seiner Einführung umriss Norwich Rüße aktuelle Probleme der Landwirtschaft: u.a. starker Kostendruck, Konkurrenz mit Weltmarkt,niedrige Lebensmittelpreise, Verdrängung bäuerlicher Betriebe durch industrielle Produktion. „Die Strategie von -Wachsen oder Weichen- hat nicht zu einer ökonomischen Entlastung der Landwirte geführt“ so Rüße. Intensive Landwirtschaft, die auf maximale Erträge ausgerichtet ist, sei mit Natur- und Artenschutz nicht zu vereinbaren. „Es muss sich in der Fläche etwas ändern! Blühstreifen reichen nicht aus, um das Artensterben aufzuhalten!„ so Rüße. Das erfordere aber auch ein Umdenken der Gesellschaft, andere Förderstrukturen und höhere Verbraucherpreise. Rüße zweifelte daran, dass eine ökologische und bäuerliche Landwirtschaft nur über freiwilliges Verbraucherverhalten zu erreichen ist und forderte mehr politische Vorgaben für eine notwendige Agrarreform.
Die Landratskandidatin und Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung im Kreis Steinfurt Birgit Neyer sah hier allerdings auch Marktchancen für die regionale Landwirtschaft. „Ich kann mir eine bessere Vermarktung von bäuerlichen Qualitätsprodukten aus dem Münsterland vorstellen!“ Sie sah auch Chancen für technische Verbesserungen zur Reduzierung von Pestiziedeinsatz in der traditionellen Landwirtschaft und verwies auf neue Startup-Unternehmen in Osnabrück.
Die Ausstellung „Irrweg Pestizide“ ist bis zum 8. September im Büro von Bündnis 90/Die Grünen zu besichtigen. Öffnungszeiten sind sonntags von 10.30 – 13 Uhr, dienstags von 19-21 Uhr und auch nach Rücksprache (Tel. 291). Die Saerbecker Grünen freuen sich auch auf den Austausch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern aus der Landwirtschaft. Mit der Ausstellung soll nicht die traditionelle Landwirtschaft angegriffen oder verteufelt werden, sondern ein Dialog angeregt werden für eine Landwirtschaft in der Insekten und bäuerliche Betriebe überleben können.