Die Grünen haben den Haushalt 2014 der Gemeinde abgelehnt. Wir fordern, dass mehr gegen den drohenden Verlust der politischen Selbstständigkeit durch ein Haushaltssicherungskonzept getan wird. Nachfolgend dokumentieren wir die Haushaltsrede von Herbert Breidenbach.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister ,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates und der Verwaltung,
Im Haushaltsplan 2013 wurde ein Defizit von ca. 500000 Euro erwartet, tatsächlich werden es ca. 1,3 Mio. sein. Sicherlich hätte die von uns beantragte moderate Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer diesen dramatischen Einbruch im Steueraufkommen auch nicht im Rahmen der möglichen 5% Überschreitung gehalten. Aber es zeigt, dass unsere Befürchtungen richtig waren und unsere Ablehnung des letzten Haushaltes wegen einer zu geringen Anpassung der Einnahmen kein reines Hirngespinst waren.
Wegen der sicheren Überschreitung der 5 % Hürde im Jahr 2013 trennen uns in diesem Jahr nach dem vorliegenden Haushaltsplan nur ca. 75000 Euro von einem Haushaltssicherungskonzept..
Mit der Überschrift „ Viel knapper gehts nicht“ hat die WN die Einbringung des Haushalts im Dezember überschrieben. Das sehen wir auch so !
Der erste Weg wäre natürlich Sparen: aber wo und wie? Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen ? Die würden im wesentlichen weitere Einschränkungen für Vereine, für die Jugendarbeit, für die Unterstützung des Ehrenamtes bedeuten. Einsparungen bei den Schulen ? Da teilen wir die Einschätzung des Bürgermeisters, dass jeder Euro gut angelegt ist und war. Einsparungen bei anstehenden Sanierungsmaßnahmen ? Da gehen wir davon aus, dass die eingestellten Investitionen in diesem kritischen Haushaltsjahr unaufschiebbar sind wie z.B. Beispiel die Brücke Greyenbürenweg mit 70000 Euro . Nach Aussagen von Herrn Schüler ist hier jetzt zwingender Handlungsbedarf. Auch die geplanten Mittel ( 130000 E.)für die Sanierungsmaßnahmen am Straßen- und Wegenetz werden nicht alle notwendigen Maßnahmen abdecken können.
Einsparungen bei den Personalaufwendungen? Dazu werden wir im nichtöffentlichen Teil Stellung nehmen. Grundsätzlich sind wir aber der Meinung, dass die schwierige Haushaltslage nicht dauerhaft auf dem Rücken der Mitarbeiter der Verwaltung ausgetragen werden kann. Hier wird bei gestiegenen Anforderungen und Aufgaben viel geleistet und durch Engagement und Fachkompetenz ein erheblicher finanzieller Mehrwert für die Gemeinde erwirtschaftet.
Wenn auf der Seite der Ausgaben kaum ergebniswirksame Einsparungen zu verantworten und zu vertreten sind – und ich sehe dazu außer beim Stellenplan auch keine konkreten Vorschläge der anderen Fraktionen – lautet unsere Antwort auf diese Situation, wie in den letzten Jahren: Wir müssen die Einnahmen verbessern ! Wir sehen in einer Erhöhung der Grundsteuern und der Gewerbesteuern leider die einzige Möglichkeit einer kurzfristigen deutlichen Verbesserung der Einnahmen .
Wenn man kurz vor der Kommunalwahl die Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe mit höheren Steuern belasten will, muss man gute Gründe dafür haben! Die haben wir in diesem Jahr ebenso, wie in den letzten Jahren: Wir halten die Steuererhöhungen für dringend erforderlich, um den knappen Puffer zur Haushaltssicherung zu vergrößern und um damit die Chancen für den Erhalt der finanziellen Selbständigkeit der Gemeinde zu vergrößern.
Denn noch hat der Rat die Möglichkeit über Sparmaßnahmen, wie oben angeführt überhaupt nachzudenken und selber zu entscheiden. In der drohenden Haushaltssicherung würden diese Entscheidungen durch die Kommunalaufsicht kontrolliert oder vorgegeben. Dies gilt auch für dann notwendige Hebesätze der gemeindlichen Steuern.
Wir sind daher der Meinung, dass wir den Saerbecker Bürgern und Betrieben jetzt eine maßvolle Belastung zumuten müssen, um weitaus größere Belastungen zu vermeiden, die unter einem Sanierungskonzept zu erwarten wären, das von der Kommunalaufsicht verordnet wäre. In den Nachbarkommunen Greven oder Tecklenburg kann man sehen, welche Auswirkungen eine erzwungene Konsolidierung der Finanzen auf die Steuersätze hat. ( z.B. Greven :Gewerbest. 440 / B : 470 Tecklenburg: Grundsteuer B 510 %, Gewerbest. von 445 – 485 ab 2016)
Wir möchten daher, dass Saerbeck den Weg zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt in eigener Verantwortung und Regie planen und umsetzen kann und stellen daher den vorliegenden Antrag mit folgenden Hebesätzen. Dabei werden die Belastungen auf alle Gruppen verteilt .
Steuerart | Haushaltsentwurf 2013 | Vorschlag Anhebung | HH-Verbesserung ca. |
Grundsteuer A | 230 % | 250 % = 8,6 % | 8000 Euro |
Grundsteuer B | 430 % | 450 % = 4,6 % | 48600 Euro |
Gewerbesteuer | 420 % | 425 % = 1,19 % | 53600 Euro |
Insgesamt ergibt sich aus unseren Vorschlägen also eine Verbesserung von ca. 110000 €. in der Ergebnisrechnung. Konkret würde eine Erhöhung der Grundsteuer entsprechend unserem Vorschlag etwa 2 Euro monatlich für ein Einfamilienhaus ausmachen. Unsere Vorschläge bewegen sich im Rahmen der Hebesätze anderer Kommunen im Kreis Steinfurt. Wir vertrauen darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen in Saerbeck verstehen, dass die Spielräume für Investitionen oder für Unterstützungsleistungen in einem von Außen kontrollierten Sparhaushalt nur sehr begrenzt möglich wären und dass eine Haushaltssicherung in jedem Fall zu höheren Belastungen führen würde, als die von uns vorgeschlagenen Hebesätze. Umgekehrt können die Bürger und Gewerbe darauf vertrauen, dass wir uns bei einer Entspannung der Haushaltlage wieder für eine Reduzierung der Steuerlasten einsetzen. Ziel muss aber natürlich auch weiterhin nicht nur die Verhinderung der Haushaltssicherung sondern ein strukturell ausgeglichener Haushalt sein.
Der Kämmerer weist in seinem Haushaltsentwurf darauf hin, dass grundsätzlich eine Anhebung der Steuersätze erfolgen müsste um dieses Ziel zu erreichen ( S. 21). Der Kritik an der Anhebung des fiktiven Hebesatzes für die Gewerbesteuer durch das Land möchte ich mich in diesem Zusammenhang deutlich anschließen, denn dadurch wird die freie Spitze direkt belastet und das Land entzieht gerade den Kommunen die über die fiktiven Hebesätze hinausgehen müssen Spielraum.
Den 2. Teil unseres Antrags ziehen wir zurück. Die Argumente des Kämmerers zu den haushaltsrechtlichen Auswirkungen auf die Höhe möglicher Investitionskredite hat uns überzeugt. Unser Ziel den Flächenverbrauch zu verringern werden wir bei konkreten Entscheidungen über Grundstückskäufe einbringen .
Der Bürgermeister hat in seiner Haushaltsrede die Ursachen für die aktuelle Finanzsituation dargestellt: Unterfinanzierung der Kommunen durch Bund und Land, unzureichende Weitergabe von erhöhten Landes- und Bundeszuwendungen an den Kreis , Einbruch der Gewerbesteuer und hohe Kosten der Schulen. In Bezug auf die hohen Investitionen und Kosten im Bildungsbereich teilen wir – wie eingangs schon erwähnt – die Sichtweise des Bürgermeisters. Die sehr gute Ausstattung unserer Schulen ist eine wesentliche Voraussetzung für die gute pädagogische Arbeit die dort geleistet wird. Die Qualität der Saerbecker Schulen ermöglicht beste Zukunftschancen für die Kinder und Jugendliche und macht Saerbeck attraktiv für Familien. Es ist daher aber auch unser Ziel , dass alle Schüler aus Saerbeck die Chance haben ,die Maximilian-Kolbe-Gesamtschule zu besuchen.
Gegen die ungerechte und kaum nachvollziehbare Kostenregelung für die Schülerbeförderung würde ich mich übrigens auch sogar einer Klage gegen das Land anschließen.
Zur Kritik am GFG und den Klageverfahren: Seit Beginn meiner Ratstätigkeit ist die unzureichende Finanzierung der Kommunen Thema bei den Haushaltsberatungen – auch in der Phase der schwarz-gelben Landesregierung. Mit der Kritik an der Systematik des Gemeindefinanzierunggesetze der rot-grünen Landesregierung, den Klageverfahren und natürlich auch unserer Haltung dazu müssen wir uns nun seit 2011 auseinandersetzten.
Aus Sicht der Verwaltung, ist es mit Blick auf die eigene Finanzaustattung sehr verständlich, alle Möglichkeiten zur Verbesserung vor Ort zu nutzen. Und es ist auch richtig, dass es in dem komplexen Finanzierungsystem Fehler und Fehlentwicklungen gibt, die korrigiert werden müssen (Fifo-Gutacheten). Für uns geht es eigentlich um grundsätzliche Fragen der Verteilungsgerechtigkeit.
Wenn der Vorwurf richtig ist, dass die verschiedenen Stellschrauben der letzten Gesetze dazu führen, dass die Kommunen im Ruhrgebiet bei der Verteilung besser ausgestattet werden, muss ich aus Grüner Sicht sagen: Das ist in Ordnung !
Ist es ungerecht, wenn strukturell benachteiligte Regionen unterstützt und gefördert werden? Für mich ist eine stärkere Gewichtung des Soziallastenansatzes, der über die direkten Kosten pro Bedarfsgemeinschaft hinausgeht ,durchaus nachvollziehbar, weil bei den stark belasteten Kommunen natürlich z.B. auch erhöhte Aufwendungen in der Jugend- und Sozialarbeit anfallen. In der Auseinandersetzung mit den Sorgen und Nöten unserer Parteikollegenden aus dem Ruhrgebiet sahen wir hier den dringenden Bedarf, solidarisch zu handeln.Nach dem sogenannten „Zukunftsatlas 2013“ gehört das Ruhrgebiet weiterhin zu den Problemregionen in Deutschland. Die Arbeitslosigkeit ist hier weiterhin steigend und der Anteil der Hartz-IV-Empfänger hat zugenommen. Es ist zu einfach , wenn wir die teilweise dramatischen Finanznöte einzelner Städte damit herunterspielen, dass man ja auch mal auf ein Theater verzichten kann. Wir jammern hier auf hohem Niveau und Veränderungen in der Verteilungs-systematik der Finanzausgleichsmasse erscheinen im Ansatz für uns solidarisch und richtig zu sein.
Es ist also nicht blinde Parteiloyalität , wenn wir der Beteiligung an den verschiedenen Klageverfahren bisher nicht zugestimmt haben –sondern auch die Überzeugung, dass nicht alles falsch ist, was die rot-grüne Landespolitik zur Stärkung der Kommunalfinanzen eingeleitet hat.
Zum Stichwort Verteilung möchte ich noch kurz auf die Rolle des Bundes eingehen. In einer beeindruckenden Weise zeigt eine Grafik des Bundesministeriums für Finanzen die Auswirkungen der Steuerpolitik des Bundes auf das Land NRW und auf die Kommunen . Dort ist zu sehen, dass durch die Steuerpolitik des Bundes im Zeitraum zwischen 2000 und 2013 Ausfälle in Mrd.- Höhe entstanden sind. Ich erinnere daran die Unternehmenssteuerreform der letzte schwarz-roten Koalition, die zu einer Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen um ein Drittel führte. Die Belastungen der Kommunen durch die Steuergeschenke des Bundes ( meistens im Sinne einer Umverteilung von unten nach oben) ziehen sich aber durch alle Farben des Koalitionsspektrum.
Zwischen 2010 und 2013 entstanden für die Kommunen in NRW durchschnittlich Verluste von 3 Mrd. Euro. Die Hoffnung des Bürgermeisters auf Entlastung durch die schwarz-rote Koalition sehe ich eher skeptisch.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass die beindruckende Entwicklung des Produktes „ Umweltschutz“ unser grünes Herz höher schlagen lässt . Die Gemeinde hat damit ein Konzept für eine dezentrale, klimafreundliche und wirtschaftliche Energieversorgung in Bürgerhand in die Tat umgesetzt. Saerbeck beweist, dass die Energiewende umgesetzt werden kann. Allen, die bei diesem Prozess beteiligt und sich engagiert haben gilt unser Dank.
Wir danken Guido Attermeier und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Erstellung dieses umfassenden Haushaltsentwurfs, die ständige Offenheit für Rückfragen und die hilfreiche Informationsveranstaltung zum Haushaltsentwurf.
Wir wünschen dem Kämmerer Kreativität und eine gute Hand beim erfolgreichen Unterschreiten der 5%-Hürde.